De oudejaarsrede: Felix Rachfahl
Uit: Wilhelm von Oranien und der Niederländische Aufstand / von Felix
Rachfahl. - Haag : Nijhoff, 1906-1924. - 3 dl. : deel II, p. 474.
Am letzten Tage des ablaufenden Jahres (1564) fand eine Sitzung des
Staatsrates statt; Viglius las hier seinen Entwurf für die Instruktion vor; er
fand die Zustimmung der Versammlung. Da nahm Oranien, der inzwischen aus Breda
zurückgekehrt war, das Wort. Viglius hatte seinen Intentionen über den Zweck der
spanischen Mission zufolge sein Konzept mit einer beweglichen Aufforderung an
den König behufs sofortige Rückkehr nach den Niederlanden beschlossen; an diesem
Punkte setzte Oranien ein. Er warf die Frage auf, was geschehen solle, wenn der
König trotz dieser Bitten seine Ankunft verzögere. Es sei Zeit, so begann er,
ohne Umschweife und unverblümt zu sprechen; denn das Land könne nicht länger in
dem Zustande bleiben, in welchem es sich jetzt befinde. Da in der Nachbarschaft
überall Veränderungen in der Religion eingetreten seien, so sei es ganz
unmöglich, das alte religiöse System mit seinem Zwange gegen die Untertanen
aufrecht zu erhalten, zumal bei der Verderbnis des geistlichen Standes; das
müsse dem König klar und bestimmt gesagt werden. Richter und Räte seien
bestechlich und zwieträchtig, daher sei die Rechtspflege gründlich zu
reformieren. Die drei höchsten Behörden arbeiteten gegen einander und lägen in
beständigen Kompetenzkonflikten; das könne nur durch die Unterordnung der beiden
anderen unter den Staatsrat beseitigt werden, und dieser müsse zugleich durch
hervorragende Männer verstärkt werden, die Ansehen beim Volke genössen. Da alle
benachbarten Staaten, selbst die katholischen Fürsten Deutschlands, vom
Tridentinum nichts wissen wollten, zo irre der König, wenn er meine, dass die
Konzilsdekrete ganz allein in den Niederlanden ausführbar seien; daher müsse man
auch hier die Augen zudrücken und die Plakate abschaffen. Wie sehr er auch für
sich selber am katholischen Glauben festhalte, so könne er es doch nicht
gutheissen, dass die Fürsten das Gewissen ihrer Untertanen knechten und ihnen
die Freiheit von Glauben und Gottesdienst rauben. Seine Rede, die mehrere
Stunden bis zum Abend währte, klang in der Forderung aus, dass der König, falls
er nicht ins Land zurückkehre, bestimmte Weisungen erteile, was er in allen
diesen Stücken getan wissen wolle.
An eine bedingungslose Annahme des Vigliusschen Entwurfes war nicht
mehr zu denken. Die Statthalterin befahl die Beratungen auf Grund der Anregungen
Oraniens fortzusetzen. Bestürzt ging Viglius nach Hause; die ganze Nacht sann er
über die unerhörte Rede Oraniens nach; als er am Morgen des nächsten Tages, des
Neujahrstages 1565, sich aus dem Bette erheben wollte, wurde er vom Schlage
getroffen. Man fürchtete für sein Leben. Zwar erholte er sich wieder, aber er
war am Gebrauche der Sprache behindert und musste das Zimmer hüten. Die
Verhandlungen im Konseil nahmen daher in seiner Abwesenheit ihren Fortgang. Der
Entwurf wurde mit gewissen Zusätzen im Sinne Oraniens versehen; nach
Mitteilungen aus dem Lager der Kardinalisten war der Marquis von Bergen ihr
Verfasser. Die formelle Redaktion des Ganzen übernahm Hoppers; auch sie
schmiegte sich, wenn in gemässigter Fassung, den Intentionen Oraniens an. Jetzt
auch erfolgte die förmliche Wahl Egmonts für die Mission. Die Instruktion, die
ihm schliesslich zuteil wurde, ist datiert vom 23. Januar 1565.